08.07.2004

Schlussanträge der Generalanwältin vor dem EuGH: Sind Slotmachines und Geldspielgeräte miteinander vergleichbar?

Generalanwältin Christine Stix-Hackl

Alle Augen blicken nach Luxemburg. Vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat die zuständige Generalanwältin Dr. Christine Stix-Hackl am 8. Juli ihre Schlussanträge in der Frage der Umsatzbesteuerung des Betriebes von Geldspielautomaten – der so genannten „Rechtssache Linneweber“ – vorgelegt. Das bedeutet kein Urteil, gilt aber allgemein als wichtiger Fingerzeig dafür, wie die Entscheidung des Gerichts ausfallen könnte.

Drei Fragen hatte der Bundesfinanzhof dem EuGH zur Vorabentscheidung, also als Richtschnur für ein eigenes Urteil vorgelegt:

1. Ist die maßgebliche EU-Richtlinie so auszulegen, dass ein Mitgliedsstaat die Veranstaltung eines Glücksspiels mit Geldeinsatz nicht der Mehrwertsteuer unterwerfen darf, wenn die Veranstaltung eines solchen Glücksspiels durch eine zugelassene öffentliche Spielbank steuerfrei ist?

2. Verbietet die Richtlinie einem Mitgliedsstaat, den Betrieb eines Geldspielautomaten bereits dann der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, wenn der Betrieb eines Geldspielautomaten durch eine Spielbank steuerfrei ist, oder muss zusätzlich feststehen, dass die Automaten in- und außerhalb der Spielbanken in wesentlichen Punkten, wie zum Beispiel beim Höchsteinsatz und beim Höchstgewinn, miteinander vergleichbar sind?

3. Kann sich der Automatenunternehmer auf die Steuerfreiheit nach Artikel 13 Teil B Buchstabe f der Richtlinie 77/388/EWG berufen?

Frau Stix-Hackl kommt zu dem Ergebnis, dass die Umsatzbesteuerung des Betriebes von Geldspielautomaten nicht mit der EU-Richtlinie vereinbar ist, wenn der Betrieb – und das ist entscheidend – „gleichartiger“ Geldspielautomaten in einer zugelassenen öffentlichen Spielbank von dieser Steuer befreit ist.

Es sei Aufgabe des nationalen Gerichts, darüber zu befinden, ob die Automaten in- und außerhalb von Spielbanken „gleichartig“ seien. Es habe dabei darauf abzustellen, ob die Geldspielgeräte unserer Branche und die Slotmachines der Casinos für den Durchschnittsverbraucher von vergleichbarer Verwendung sind und daher miteinander im Wettbewerb stehen. Dabei seien insbesondere Faktoren wie die mögliche Gewinnhöhe und das Spielrisiko zu berücksichtigen.

Im Klartext: Wenn der EuGH den Ausführungen der Generalanwältin folgt, muss der Bundesfinanzhof darüber befinden, ob die Geldspielgeräte in Spielbanken einerseits und in Spiel- und Gaststätten andererseits überhaupt miteinander vergleichbar sind. Wenn nicht, kann die Umsatzsteuer bleiben wie sie ist.

Hielte der Bundesfinanzhof die Geräte allerdings für vergleichbar – und das ist Stix-Hackls Einschätzung zur dritten Frage –, so „kann“(!) sich der einzelne Automatenunternehmer auf die EU-Richtlinie berufen, um sich einer nationalen Regelung zu widersetzen, die mit dieser Richtlinie unvereinbar ist.