13.02.2004

Thesen-Papier des VDAI zur Umsatzsteuer

Zum Thema 'Umsatzsteuer auf die Erlöse von Geld-Gewinn-Spiel-Geräten' haben der Vorsitzende des Verbandes der Deutschen Automatenindustrie (VDAI), Paul Gauselmann und der VDAI-Geschäftsführer ein zehn Punkte umfassendes Thesen-Papier mit dem Titel „(Keine) Umsatzsteuer auf Geld-Gewinn-Spiel-Geräte?! – Traum und Wirklichkeit“ erstellt.

Zurzeit wartet die ganze Unterhaltungsautomatenwirtschaft in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Das Gericht soll feststellen ob die Umsatzsteuer auf die Kasse von Geldspielgeräten nach europäischem Recht in der bisherigen Form überhaupt erhoben werden darf.

Mit einer Entscheidung des EuGH rechnen Experten frühestens nach der Sommerpause, im Herbst diesen Jahres. Bevor das Gericht sein Urteil abgibt, muss erst noch eine mündliche Verhandlung sowie eine schriftliche Stellungnahme des Generalanwaltes erfolgen.

Weitere Informationen zum Prozedere des EuGH sind unter www.curia.eu.int zu finden.




Hier das Thesen-Papier des VDAI im Wortlaut:

(Keine) UMSATZSTEUER AUF GELD-GEWINN-SPIEL-GERÄTE?!
Traum und Wirklichkeit

1. Umsatzsteuer auf Geld-Gewinn-Spiel-Geräte gibt es bereits seit dem 1. Juli 1951.

2. Mit Einführung des Mehrwertsteuer-Systems zum 1. Januar 1968 wurde der Vorsteuerabzug eingeführt. Die Mehrwertsteuer berechnet sich seitdem auf die mit dem Faktor 1,5 erhöhte Kasse.

3. Mit Urteil vom 29. Januar 1987 bestätigte der Bundesfinanzhof den Multiplikator 1,5 als nicht überhöht. Der zuständige Senat hielt damals sogar eine Verdoppelung, das heißt den Faktor 2,0 für angemessen.

4. Am 1. Juli 1991 wurde der Faktor auf 2,0 angehoben: am 1. Januar 1993 auf 2,5. Ab 1. Januar 1994 wurde das Entgelt in allen Fällen durch Zählwerke berechnet oder der Umsatz nach Paragraf 162 AO (Abgabenordnung) geschätzt.

5. Im Vorfeld der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in der Rechtssache „Glawe“ wurde im Jahr 1993 zwischen den Verbänden der Unterhaltungsautomatenwirtschaft intensiv und kontrovers diskutiert. In der Hoffnung, dass die Umsatzsteuer gänzlich wegfällt, wurde ernsthaft erwogen, die so genannte „Glücksspielkarte“ zu ziehen. In weiser Voraussicht, insbesondere wegen der Gefahr einer erhöhten Ersatzsteuer, ist dies damals unterblieben. Das Urteil in der Rechtssache „Glawe“ vom 5. Mai 1994 bestätigte die Richtigkeit der damaligen Vorgehensweise.

6. Im Frühjahr 1995 beabsichtigte das Bundesland Niedersachsen, das Rennwett- und Lotteriegesetz zu ändern. An die Stelle der damals 15-prozentigen Umsatzsteuer auf den Kasseninhalt von Geld-Gewinn-Spiel-Geräten sollte eine 15-prozentige Lotteriesteuer auf die vollen Einsätze treten. Bei einer Auszahlquote von 67 Prozent hätte dies eine Spielsteuer von 45 Prozent (auf die Kasse) bedeutet.

7. Im Jahr 2000 hat ein Verbandsaußenseiter unter Ausnutzung der Argumente in der Rechtssache „Fischer“ (C-283/95) ein Finanzgerichtsverfahren angestrengt in der Hoffnung, dass die Umsatzsteuer auf Geld-Gewinn-Spiel-Geräte wegfällt.

8. Die Hoffnung, dass es bei einem Wegfall der Umsatzsteuer eine Steuerrückzahlung in größerem Ausmaß gibt, ist mehr als trügerisch. Bedeutende Rechtsexperten bestätigen, dass zwar grundsätzlich eine Steuer nicht rückwirkend erhoben werden kann. Hierbei gibt es allerdings Ausnahmen: Wenn nämlich ein Steuerpflichtiger nicht mit Steuerfreiheit rechnen kann, weil eine Steuer bereits besteht (in diesem Falle die Umsatzsteuer), so ist sein Vertrauen nicht schutzwürdig und eine Ersatzsteuer kann bis zur Höhe der derzeitigen Steuer auch rückwirkend erlassen werden.

9. Noch trügerischer ist der Gedanke, dass die Umsätze mit Geld-Gewinn-Spiel-Geräten völlig steuerfrei bleiben würden, wenn die Umsatzsteuer wegfällt. Dies zeigt der Entwurf eines Spieleinsatzsteuergesetzes, den das Bundesland Niedersachsen im Juni 2002 dem Bundesrat zugeleitet hat. Eine Spieleinsatzsteuer von 20 Prozent hätte bei einer Auszahlquote von 67 Prozent eine Spielsteuer von 60 Prozent (auf die Kasse) bedeutet.

10. Die Mehrwertsteuer gilt für alle Unternehmen der deutschen Wirtschaft. Es besteht eine relative Sicherheit, dass die Mehrwertsteuer nicht rasch, willkürlich und extrem erhöht werden kann. Anders bei einer Sondersteuer. Wer einer Sondersteuer unterliegt, wird zwangsläufig zum „Spielball“ von Politikern beziehungsweise Finanzbehörden. Dies umso mehr vor dem Hintergrund leerer öffentlicher Kassen. Die Vergnügungssteuer ist ein trauriges Beispiel.

Fazit: Man muss die Vergangenheit vollständig und zutreffend kennen, um die möglichst weitgehend richtigen Entscheidungen für die Zukunft treffen zu können.

gez. Paul Gauselmann gez. Dr. Jürgen Bornecke