12.06.2015

EuGH rüffelt Ungarn

Die ungarischen Rechtsvorschriften, die den Betrieb von Geldspielautomaten außerhalb von Spielkasinos verbieten, verstoßen möglicherweise gegen den Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit. Darauf weist der Europäische Gerichtshof (EuGH) in dieser Woche in einer Pressemeldung hin.

Aufgrund eines am 2. Oktober 2012 in dem Land verabschiedeten Gesetzes dürfen Geldspielautomaten seit dem 10. Oktober 2012 in Ungarn nur noch in Spielkasinos betrieben werden, so dass diese Tätigkeit seither nicht mehr in Spielhallen ausgeübt werden kann. Mehrere Gesellschaften, die Geldspielautomaten in Spielhallen betrieben, haben geklagt, weil sie der Auffassung sind, das Verbot des Betriebs von Geldspielautomaten mit quasi sofortiger Wirkung sei mit Unionsrecht unvereinbar. Die Kläger fordern Schadensersatz vom ungarischen Staat. Der mit der Klage befasste Hauptstädtische Gerichtshof in Budapest wandte sich zwecks Vorabentscheidung an dem EuGH.

In seinem Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass nationale Rechtsvorschriften, die bestimmte Glücksspiele nur in Spielkasinos erlauben, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellen. Ferner stellt der EuGH fest, dass die mit den streitigen Maßnahmen verfolgten Ziele (Schutz der Verbraucher vor Spielsucht, Verhinderung von Kriminalität im Zusammenhang mit dem Spiel), die Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten grundsätzlich rechtfertigen können. Die genannten Ziele müsste dabei jedoch in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden. Der EuGH setzt also insofern seine bisherige Rechtsprechung fort.

Nach Ansicht der Europarichter verfolgt Ungarn aber offenbar eine Politik der kontrollierten Expansion von Glücksspieltätigkeiten. So seien unter anderem im Jahr 2014 neue Konzessionen zum Betrieb von Spielkasinos erteilt worden. Bei einer solchen Politik könne nur dann davon ausgegangen werden, dass sie die genannten Ziele in kohärenter und systematischer Weise verfolgt, wenn sie geeignet ist, einem tatsächlichen Problem abzuhelfen, und zum anderen keinen Umfang hat, der sie mit dem Ziel der Eindämmung der Spielsucht unvereinbar macht. Das sei vom nationalen Gericht zu prüfen.

Das nationale Gericht werde auch zu prüfen haben, ob die in Rede stehenden Maßnahmen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie das Eigentumsrecht der Spielhallenbetreiber beachten. In diesem Zusammenhang weist der Gerichtshof darauf hin, dass der nationale Gesetzgeber, wenn er Genehmigungen widerruft, die ihren Inhabern die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglichen, eine angemessene Entschädigungsregelung oder einen hinreichend langen Übergangszeitraum vorsehen muss, damit sich die Inhaber der Genehmigungen darauf einstellen können.