RA Stephan Burger: "Die Rechtsprechung im Bereich der Gewerbemiete ist derzeit sehr im Fluss"
Der Justiziar des Bundesverbandes Automatenunternehmer, RA Stephan Burger, beschäftigt sich in einem aktuellen BAdirekt-Rundschreiben mit der „Herabsetzung der Gewerbemiete bei staatlich angeordneter Schließung einer Spielhalle“.
„Am vergangenen Freitag hat das Kammergericht (KG) Berlin eine Pressemitteilung zu einer Entscheidung (Urteil vom 01. April, Az. 8 U 1099/20) veröffentlicht, nach der bei einer staatlich angeordneten Geschäftsschließung die Gewerbemiete wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage auf die Hälfte herabgesetzt werden kann, ohne dass eine Existenzbedrohung des Mieters im Einzelfall festgestellt werden müsse“, steigt der BA-Justiziar in das Thema ein.
Der AutomatenMarkt berichtete ebenfalls gestern in seiner Online-Meldung "Berliner Kammergericht urteilt zugunsten einer Spielhallenbetreiberin: Miete durfte wegen der Corona-Schließung halbiert werden!"
Spielhalle konnte nicht genutzt werden
Stephan Burger weiter: „Im Wesentlichen argumentiert das Gericht, dass die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages gestört sei, da Vermieter und Mieterin den Fall pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen mit den durch die entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben in keiner Weise in ihre Überlegungen zur Vertragsgestaltung einbeziehen konnten. Das Gericht führt ferner aus, dass die Mieterin (Spielhallenbetreiberin) die Spielhalle durch hierzu ergangene staatliche Vorschriften überhaupt nicht in der vertraglich vorgesehenen Weise für ihr Gewerbe habe nutzen können. Es liege daher nahe, dass die Vertragsparteien, wenn sie diese Veränderung vorhergesehen hätten, den Mietvertrag mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten. Dabei sei zu vermuten, dass eine Mietabsenkung für den Zeitraum einer zweimonatigen Zwangsschließung der Spielhalle vereinbart worden wäre, wenn die Parteien die Beschränkungen im Zuge der COVID-Pandemie vorhergesehen hätten.“
Störung der Geschäftsgrundlage
Es gehe, so der 8. Zivilsenat des Kammergerichts, im vorliegenden Fall nicht um ein „normales“ Risiko hinsichtlich der Verwendung des Mietobjekts, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der Geschäftsgrundlage sei.
Rechtsanwalt Stephan Burger erklärt hierzu unter anderem: „Das mit der Störung der Geschäftsgrundlage verbundene Risiko könne daher regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden. Der aufgrund der COVID-Pandemie staatlich angeordnete Shutdown stelle einen derart tiefgreifenden, unvorhersehbaren, außerhalb der Verantwortungssphäre beider Vertragsparteien liegenden und potentiell existenzgefährdenden Eingriff in die im Vertrag vorausgesetzte Nutzungsmöglichkeit dar, dass – unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – die Nachteile solidarisch von beiden Vertragsparteien zu tragen seien und die Miete daher bei vollständiger Betriebsuntersagung zur Hälfte zu reduzieren sei.“
Die Empfehlung des BA-Justiziars
Abschließend rät der BA-Justiziar: „Diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Auch liegen die Entscheidungsgründe noch nicht vor. Die Rechtsprechung im Bereich der Gewerbemiete bezüglich staatlich angeordneter Schließungen ist derzeit sehr im Fluss, so dass Entscheidungen in alle Richtungen möglich sind und auch getroffen werden. Daneben kommt es immer auf Ihren individuellen Mietvertrag an. Wir empfehlen Ihnen, Ihre Möglichkeiten zu prüfen und sich gegebenenfalls mit Ihrem Rechtsbeistand ins Benehmen zu setzen.“