Schlechter Aprilscherz: In Berlin-Mitte werden unternehmerische Schicksale mit einem Griff in die Lostrommel entschieden!

Der Justiziar des Ostverbandes Hendrik Meyer kritisiert das zynische Vorgehen des Berliner Bezirksamtes Mitte.
Sie haben es getan! Mitarbeiter des Bezirksamtes Mitte haben am 1. April – kein Aprilscherz – die Existenzen von Unternehmern verlost. Trotz der gut begründeten Proteste aus der Branche. Hendrik Meyer, Justiziar des Verbandes der Automatenkaufleute Berlin und Ostdeutschland, bezieht mit dem folgenden Beitrag Stellung zu diesem absurden Prozedere:
"Die Berliner Verwaltung versendet derzeit in den schwierigen Zeiten der Corona-Krise ihre Briefe mit dem Stempelaufdruck ,Berlin gemeinsam gegen das Corona Virus'. Dies gilt offenbar nicht für die Spielhallenbetreiber in Berlin-Mitte. Bei einigen Unternehmern werden nämlich in diesen Tagen mit eben diesem aufgedruckten Slogan Bescheide über das ,Aus' ihres Standortes per Losverfahren in den Briefkästen liegen.
Dem ging voraus, dass das Bezirksamt Mitte von Berlin Ende März mit Pressemitteilung verlauten ließ, dass genau am 1. April 2020 das Losverfahren für Spielhallenstandorte im Bezirk Mitte stattfinden wird. Bei dieser Verlosung sollte es dann um die Vergabe glücksspielrechtlicher Erlaubnisse für die in Konkurrenz stehenden Spielhallen gehen, welche das Abstandsgebot nicht einhalten. Ungeachtet eines Protestbriefes des Verbandes der Automatenkaufleute Berlin und Ostdeutschland an den Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte (Herr von Dassel) und einer diesbezüglichen Pressemitteilung wurde die Verlosung dennoch unbeeindruckt davon am 1. April 2020 durchgeführt.
Existenz-Verlosungen sind an Instinktlosigkeit nicht zu übertreffen und skandalös
Dies ist an Instinktlosigkeit nicht zu übertreffen und geradezu skandalös. In Zeiten der gravierenden Corona-Krise, in der das öffentliche Leben fast vollständig zum Erliegen kommt, ganze Branchen den Betrieb einstellen und auch die öffentliche Hand auf ,Notbetrieb' geschaltet hat, fand das benannte Losverfahren statt. Wiederum wegen der Corona-Krise waren direkte Teilnahmen nicht möglich – allerdings eine Verfolgung dieser per Livestream.
Als gäbe es die Abstandsregeln und Einschränkungen bezüglich des Versammlungsverbotes nicht, führten dann vier Mitarbeiter des Bezirksamtes die Verlosung durch und nahmen per Losverfahren die Auswahl von Spielhallenstandorten im Rahmen von gebildeten Konfliktgruppen vor. Dann wurden aus diesen Konfliktgruppen Lose gezogen und Spielhallenerlaubnisse auf diese Weise ermittelt beziehungsweise ausgeschlossen. Dies heißt, dass tatsächlich – zumal in Zeiten der Corona-Krise – unternehmerische Schicksale schlicht und ergreifend aus der Lostrommel entschieden worden sind!
Dieses Vorgehen ist unabhängig von den unermesslichen Herausforderungen der Corona-Krise auch deshalb schwer verständlich, weil im Land Berlin sämtliche Spielhallenbetreiber bereits per Ausschlussfrist im Juli 2016 entsprechende Anträge zu stellen hatten und es die Bezirksämter (so auch das Bezirksamt Mitte) nunmehr seit über 3,5 Jahren nicht geschafft hatten, über die Mehrzahl der gestellten Anträge zu entscheiden. Immerhin standen vor dieser Verlosung in Berlin von etwa insgesamt 490 ursprünglich gestellten Anträgen noch ca. 300 Anträge zur Entscheidung aus.
Länder verständigten sich auf Möglichkeiten zum Erhalt von Mehrfachkonzessionen
Außerdem ist die Durchführung des Losverfahrens zu diesem Zeitpunkt auch deshalb schwer nachvollziehbar, weil sich gerade die Ministerpräsidenten der Länder auf einen Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag verständigt hatten, mit dem der gesamte Glücksspielmarkt neu reguliert werden soll und den Ländern aufgrund einer Öffnungsklausel Möglichkeiten zum Erhalt von Mehrfachkonzessionen eingeräumt worden sind.
Unbeeindruckt davon wollte das Bezirksamt Mitte von Berlin die Angelegenheiten durch das Losverfahren abschließend beenden. Grundsätzlich ist das Losverfahren in Berlin im Gesetz als letztes Mittel (Ultima Ratio) vorgesehen, ohne konkrete Regelungen bezüglich der Ausgestaltung des Losverfahrens. Dies spricht allein schon gegen Transparenz und Willkürfreiheit. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass man dieses Losverfahren per Livestream verfolgen konnte.
Letztlich dürfte es der Berliner Verwaltung mit dem oben genannten Slogan des gemeinsamen Vorgehens gegen das Corona-Virus nicht so ernst sein. Denn anderenfalls hätte man den Umstand der flächendeckenden Schließung der Spielhallen im Land Berlin bereits ab 14. März 2020 schon allein deshalb nicht mit einer Verlosung und der Vernichtung von Existenzen aus dem ,Lostopf' beantworten dürfen."