16.01.2012

VDAI: Gewerbliche Automatenbranche wappnet sich gegen Vernichtungspläne

Auf der VDAI-Pressekonferenz, von links: Dr. Hans-Günther Vieweg, ifo-Institut, Professor Dr. Friedhelm Hufen, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Paul Gauselmann, Vorsitzender des VDAI, Dr. Jürgen Bornecke, Geschäftsführer des VDAI, Christian Trenner, Vorsitzender der Fachabteilung Waren- und Leistungsautomaten.

Pressekonferenz am Vortag der IMA: Die VDAI-Spitze macht Front gegen staatliche Willkür und Scheinheiligkeit auf Kosten tausender Arbeitsplätze. „Das Jahr 2011 war von einer Hetzjagd gegen das gewerbliche Geld-Gewinnspiel gekennzeichnet. Die Bundesländer wollen das gewerbliche Spiel vernichten und zugleich das eigene Glücksspiel nachhaltig forcieren“, so die Vorsitzenden des Verbandes der Deutschen Automatenindustrie (VDAI), Paul Gauselmann und Uwe Christiansen. 

Glücksspielstaatsvertrag 

Höhepunkt dieses Vernichtungsversuches seien die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz zum gewerblichen Automatenspiel im Rahmen der Unterzeichnung des Glücksspielstaatsvertrages. „Mit diesem Beschluss werden in Zukunft rund zwei Drittel der über 70 000 Arbeitsplätze in der deutschen Automatenwirtschaft vernichtet und viele der über 5 000 mittelständischen Unternehmen der Branche in die Pleite getrieben“, prognostizieren die VDAI-Vorsitzenden. 

Daneben wird der Staat künftig auch auf die rund 1,5 Milliarden Euro Steuereinnahmen der Branche größtenteils verzichten müssen. 

Wesentliche Maßnahmen im Glücksspielstaatsvertrag gegen das gewerbliche Spiel sind: Verbot von Mehrfachkonzessionen, Mindestabstände zwischen Spielhallen, Werbeeinschränkungen, verlängerte Sperrzeiten, eine gesonderte glücksspielrechtliche Erlaubnis, ein auf nur fünf Jahre begrenzter Bestandsschutz für bestehende gewerberechtliche, auf unbegrenzte Zeit erteilte Spielhallenerlaubnisse. 

Scheinheiligkeit

„Die ganze Scheinheiligkeit dieses Vorhabens zeigt sich darin, dass der Staat selber der größte Glücksspielanbieter ist und sich mit seinem Glücksspielkartell offensichtlich die vermeintliche Konkurrenz vom Hals schaffen will“, ist man sich seitens der Automatenwirtschaft sicher.

Denn um die Vermeidung von problematischem Spielverhalten und um die Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs könne es in Zeiten des weltweiten und rund um die Uhr verfügbaren Internets wohl nicht gehen. Dies konnte durch Monopole früher einigermaßen erreicht werden. Wer heute annehme, das gehe im Zeitalter des Internets mit Tausenden von unbegrenzten Glücksspielangeboten immer noch, müsse sich Naivität vorwerfen lassen. 

Fiskalische Interessen

In Wahrheit gehe es um fiskalische Interessen, um Posten, Macht, Einfluss und um die Zurückdrängung unliebsamer Konkurrenz. Die Annahme, dass ein staatlich veranstaltetes Spiel unproblematischer ist als ein privatwirtschaftlich oder gewerblich veranstaltetes Spiel, könne nur als Irrglaube bezeichnet werden. 

Ferner versuchten die Länder ihr Vorgehen damit zu begründen, dass man Spielgäste vor den Gefahren des übermäßigen Spielens schützen müsse und führt als angebliche Beweise für diese Gefahren bezahlte Gutachten ins Feld, die bei einer seriösen wissenschaftlichen Analyse weitgehend wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. 

„Scheinbar ist man seitens der Länder nicht gewillt zur Kenntnis zu nehmen, dass mehr als 99 Prozent der Bevölkerung ihrem Vergnügen ohne jegliche Probleme nachgehen. Ebenso wird übersehen, dass sich die Automatenwirtschaft schon seit vielen Jahren freiwillig und vor allen Dingen sehr wirkungsvoll in Sachen Prävention engagiert, was man von den staatlichen Anbietern nicht behaupten kann.“

Wirtschaftliche Entwicklung 

Vor dem Hintergrund dieser unsicheren politischen Entwicklung ist der Umsatz 2011 auf allen Branchenstufen der Automatenwirtschaft mit 4,3 Prozent Zuwachs deutlich geringer ausgefallen als noch 2010 (5,8 Prozent). Die positive wirtschaftliche Entwicklung und die Umsatzzuwächse der jüngeren Vergangenheit stehen in engem Zusammenhang mit den strukturell bedingten Umsatzverschiebungen zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts und mit Umsatzeinbrüchen unmittelbar nach Inkrafttreten der Spielverordnung zum 1. Januar 2006, als binnen kurzer Zeit rund 80 000 Fungames, die leicht als Glücksspielgeräte missbraucht werden konnten, vom Markt genommen werden mussten. 

Die dann folgende Expansion kompensierte die Umsatzverschiebungen der Vorjahre. "Die Entwicklung im Jahr 2011 kann vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Diskussionen und der zunehmenden Unberechenbarkeit der Politik durchaus als noch zufriedenstellend bezeichnet werden", so die VDAI-Spitze. 

Die weitere Entwicklung sei mit Blick auf die erklärte Absicht der Länder, das gewerbliche Geld-Gewinnspiel massiv zurückzudrängen, von vielen Existenzängsten geprägt. 

Weniger Geld-Gewinnspielgeräte (GGSG) 

Die Zahl gewerblich aufgestellter GGSG betrug 1995 rund 245 000 und ist bis zum Jahr 2005 auf gut 183 000 zurückgegangen. Rechnet man allerdings noch die damals im Betrieb befindlichen Geldgewinnspiel ähnlichen 80 000 Fungames hinzu, betrug die aufgestellte Gerätezahl rund 263 000. Mit der neuen Spielverordnung 2006 mussten dann die Fungames abgebaut werden, welche nach und nach durch neue GGSG ersetzt werden konnten. 

Ende 2011 waren rund 242 000 GGSG aufgestellt und damit immer noch weniger als 1995 und 2005, inklusive Fungames. 

Ausblick 

Am 1. Juli 2012 soll der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft treten. Dieser und die Ausführungsgesetze der Länder dürften jedoch nicht isoliert betrachtet werden. 

"Sie müssen im Zusammenhang mit zusätzlich beabsichtigten Spielhallengesetzen der Länder sowie mit den bereits vorliegenden Änderungen der Spielverordnung gesehen werden. In Verbindung mit verkürzten Öffnungszeiten für Spielhallen und drastisch erhöhten Vergnügungssteuersätzen zahlreicher Kommunen ergibt sich eine Kumulation der einschränkenden und belastenden Regelungen." 

In der Wahlkampfzeit in Bremen und Berlin sind die einschneidenden Gesetze schon Mitte 2011 in Kraft getreten. Eine Welle von Gerichtsprozessen sei angelaufen. Die Verwirklichung der die Branche betreffenden Maßnahmen führe in weiten Bereichen faktisch zur Enteignung von Unternehmen und verstoße fundamental gegen die grundrechtlich garantierte Berufsfreiheit. 

Die Folgen seien katastrophal und würden die Vernichtung von über 50 Prozent der Existenzen und Arbeitsplätze im Bereich der Automatenwirtschaft innerhalb und nach der Übergangszeit von fünf Jahren nach sich ziehen. 

Bei der Industrie würde eine Änderung der Spielverordnung, durch die die Attraktivität der heutigen GGSG in unakzeptabler Weise beschnitten wird, kurzfristig die gesamte Produktion lahmlegen. Am Markt befindliche, attraktive Geräte sowie alternative Angebote, zum Beispiel im Internet, werden die Nachfrage nach solchen weniger spannenden Spielen unmittelbar drastisch einbrechen lassen, macht der VDAI deutlich. 

Nutznießer: Das illegale Spiel

Hauptnutznießer seien illegale Internet-Angebote. In Deutschland haben über 30 Millionen private Haushalte Internetzugang. Die zu erwartende Entwicklung über Smartphones und Tablets dürfte in mehrfacher Hinsicht grenzenlos sein. 

Fehlende soziale Kontrollen und Spielangebote ohne Grenzen für Gewinne und Verluste (wie sie die Spielverordnung sehr eng vorschreibt) würden den Spieler- und Jugendschutz zu Worthülsen verkommen lassen. 

Für die VDAI-Vorsitzenden steht fest: „Sollten die Länder tatsächlich an ihren Vernichtungsplänen festhalten, wird nichts anderes übrig bleiben, als eine große Prozessflut anzustrengen, um unsere gut begründeten Rechte durchzusetzen. Das sind die rund 5 000 Unternehmen der Branche schon allein ihren über 70 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schuldig, die sonst überwiegend aufgrund dieser staatlichen Willkür ihren Arbeitsplatz verlieren würden." 

Die VDAI-Spitze weiter: "Darüber hinaus kämpft die Branche auch für Millionen Spielgäste, die mit den vorgesehenen Maßnahmen nicht nur stigmatisiert, sondern auch in das identische – aber unkontrollierte – Glücksspiel im Internet ohne jegliche Verlustgrenzen oder in die sonstige Illegalität getrieben werden.“