09.03.2006

Alle Experten im Finanzausschuss für die Umsatzsteuer

Die zahlreichen Vertreter unserer Branche machten deutlich wie existenzbedrohend eine Spieleinsatzsteuer ist.

Bei der Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages (Mittwoch, 8. März) sprachen sich durchweg alle befragten Sachverständigen für die Beibehaltung der Umsatzsteuer für das gewerbliche Geldspiel aus.

Die Ablehnung des vom Bundesrat eingebrachten Spieleinsatzsteuergesetzes hätte nicht deutlicher und die Zustimmung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht eindeutiger sein können.

So führte Steuerfachmann Professor Dr. Lorenz Jarass aus, er stünde dem Gesetzentwurf des Bundesrates „fassungslos“ gegenüber. Dieter Ondracek von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft resümierte, dass der Bundesrat bei der Ausarbeitung des Spieleinsatzsteuergesetzes wohl von „sachfremden Erwägungen“ ausgegangen sei. Auch Christian Geiger von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände sprach sich überraschend deutlich für den Erhalt der Umsatzsteuer aus.

BA-Präsident Karl Besse und der VDAI-Vorsitzende Paul Gauselmann erläuterten die existenzbedrohende Auswirkung einer möglichen Steuer auf den Spieleinsatz. Gauselmann appellierte an die Abgeordneten mit einer Entscheidung für die Umsatzsteuer eine dauerhafte Lösung zu finden, damit die wirtschaftliche Unsicherheit für eine ganze Branche endlich ein Ende habe.

Die Bundestagsabgeordnete Christine Scheel (Bündnis 90 / Die Grünen) schlussfolgerte aus der Anhörung, dass die so unterschiedlichen Ansichten zur Besteuerung vor allem eine politische Dimension zwischen Bund und Ländern habe. Hier müsse das Problem auch gelöst werden. Die Abgeordnete sagte zu den Spitzenverbänden der Unterhaltungsautomatenwirtschaft gewandt: „Wir stehen an Ihrer Seite.“

Hier eine Zusammenfassung der Stellungnahmen
(zusammengetragen von den AMA-Verbänden):

Am 8. März 2006 führte der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages im Zeitraum von 14:30 Uhr bis 17:00 Uhr zu verschiedenen Gesetzentwürfen eine öffentliche Anhörung durch. Die Unterhaltungsautomatenwirtschaft ist durch den Entwurf eines Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen (BT-Drs. 16/634 [dort: Änderung von § 4 Nr. 9b UStG]) sowie durch den Entwurf eines Gesetzes über die Besteuerung des Spieleinsatzes (SpEStG, BR-Drs. 479/05 [Beschluss]) betroffen.

Vier Mitglieder des Finanzausschusses stellten Fragen bzw. machten Bemerkungen zu den für die Unterhaltungsautomatenwirtschaft relevanten Themen:

1. Leo Dautzenberg, MdB (CDU)

Die Fragen von Herrn Dautzenberg zielten auf die Bewertung der verschiedenen Gesetzgebungsvorhaben und richteten sich an den BA-Präsidenten, Karl Besse, sowie an Herrn Geiger (Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände).

2. Manfred Kolbe, MdB (CDU)
Die Fragen von Herrn Kolbe richteten sich an Prof. Dr. Lorenz Jarras sowie an Herrn Dieter Ondracek (Deutsche Steuer-Gewerkschaft).


3. Carl-Ludwig Thiele, MdB (FDP)

Herr Thiele richtete die Frage an den VDAI-Vorsitzenden, Paul Gauselmann, wie die Vorschläge in der Praxis zu bewerten wären.

4. Christine Scheel, MdB (Bündnis 90/Die Grünen)

Gerichtet an die Vertreter der Unterhaltungsautomatenwirtschaft stellte Frau Scheel fest, dass der in Rede stehende Fragenkomplex politisch zwischen Bundesregierung und Ländern entschieden werden müsse. Hierbei machte sie die ganz klare Aussage: „Wir stehen an Ihrer Seite.“

Nachfolgend zusammengefasst die Antworten der befragten Personen beziehungsweise Institutionen in der Reihenfolge der Ausführungen:

Karl Besse(BA)
Der BA-Präsident betonte, dass er gemeinsam mit dem FORUM für Automatenunternehmer in Europa e.V. für nahezu 100 % der organisierten Automatenaufstellunternehmer spricht und im Benehmen mit dem Präsidenten des DEHOGA auch noch für 60.000 Gaststronomen. Herr Besse machte deutlich, dass die Automatenwirtschaft, wie alle anderen Gewerbetreibenden, Umsatzsteuer zahlen will, jedoch keine zweite Sondersteuer (neben der Vergnügungssteuer) verkraften kann. Hierbei sieht sich die Branche in einer gesamtstaatlichen Verantwortung. Nur wenn Steuern gezahlt werden, kann der Sozialstaat finanziert werden.

Zudem hob Herr Besse hervor, dass ein Unternehmen keine Steuern aus Beträgen zahlen kann, über die es gar nicht möglich ist, zu verfügen. Das Urteil vom EuGH vom 17. Februar 2005 sei von der Branche nicht gewollt gewesen. Dies wird auch dadurch deutlich, dass sich in einer Blitzumfrage des BA nahezu 100 % der befragten Automatenaufstellunternehmer für die Umsatzsteuer ausgesprochen haben. Unter Hinweis auf die von den Spitzenverbänden der deutschen Unterhaltungsautomatenwirtschaft gegenüber dem Finanzausschuss abgegebene Stellungnahme (Stand: 2. März 2006) und die dort beigefügte Anlage 3 machte Herr Besse an einem Beispiel eines Musterbetriebes deutlich, dass ein Spieleinsatzsteuergesetz die gesamte Automatenwirtschaft mit ihren 60.000 Arbeitsplätzen tief in die roten Zahlen und somit in den wirtschaftlichen Ruin führen würde.

Christian Geiger (Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände)

Herr Geiger führte aus, dass die Vergnügungssteuer mit einem Aufkommen von jährlich ca. 250 Mio. Euro (bundesweit) zu nahezu 100 % mit gewerblich betriebenen münzbetätigten Automaten erwirtschaftet würde. Neben der fiskalischen Funktion wurde explizit auf die Möglichkeit der Kommunen hingewiesen, unter dem Gesichtspunkt der kommunalen Autonomie über die Vergnügungssteuer Lenkung zu betreiben.
Aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände wäre der Gesetzentwurf der Bundesregierung (d. h. die Änderung von § 4 Nr. 9b UStG) unproblematisch. Der vom Bundesrat der Bundesregierung zugeleitete Entwurf eines Spieleinsatzsteuergesetzes wäre problematisch, da aufgrund eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom April 2005 sich die Kommunen in vielen Fällen vor die Notwendigkeit gestellt sehen, die Vergnügungssteuer künftig am „Volumen des Spiels“ und damit z. T. an der Kasse und z. T. auch am Spieleinsatz zu orientieren. Diesbezüglich gäbe es bezogen auf die Spieleinsatzsteuer zwei Probleme: die nach Art. 105 Abs. 2a GG verbotene Doppelbesteuerung sowie die Gefahr der Erdrosselung.
Die Risiken seien so erheblich, dass die Kommunen unter Umständen auf die Vergnügungssteuer verzichten müssten. Insofern sprechen sich die kommunalen Spitzenverbände eindeutig für die Umsatzsteuer aus. Sollte trotz dieser Ablehnung und trotz der Probleme wider Erwarten eine Spieleinsatzbesteuerung weiter diskutiert werden, so müsse in dem Gesetz eine feste kommunale Quote vorgesehen werden, durch die den Kommunen ein finanzieller Ausgleich für die wegfallende Vergnügungssteuer in voller Höhe eingeräumt würde.

Professor. Dr. Lorenz Jarras (Wiesbaden)

Prof. Jarras führte wörtlich aus, dass er den Entwurf eines Spieleinsatzsteuergesetzes „fassungslos“ zur Kenntnis genommen habe. Der Entwurf sei „super kompliziert“ und vernachlässige internationale Aspekte völlig. Der Gesetzentwurf dürfe nicht Wirklichkeit werden. Glücksspiele im Internet sollten besteuert werden, zumindest aber solle der Versuch gemacht werden, sie zu besteuern. Alles andere würde eine Arbeitsplatzvernichtung in Deutschland bedeuten.

Dieter Ondracek (Deutsche Steuer-Gewerkschaft)

Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft lehnt den Entwurf des Spieleinsatzsteuergesetzes ab. Aus Sicht von Herrn Ondracek verfolgt der Gesetzentwurf offenbar in allererster Linie das Ziel der Maximierung des Finanzaufkommens. Der Entwurf der Bundesregierung sei der bessere Weg, da er in Umsetzung des EuGH-Urteils „Linneweber“ an der Umsatzsteuer anknüpft. Alles andere solle man bleiben lassen.

Paul Gauselmann (VDAI)

Der VDAI-Vorsitzende verdeutlichte, dass die Unterhaltungsautomatenwirtschaft seit einem Jahr mit wirtschaftlichen Unsicherheiten und mit der Angst „im Nacken“ leben müsse, dass eine Steuer kommt, die die wirtschaftliche Existenzgrundlage der ganzen Branche vernichten würde.

Der VDAI-Vorsitzende erläuterte, dass eine Spieleinsatzsteuer aus verschiedenen rechtlichen Gründen (die durch gutachtliche Darlegungen von renommierten Wissenschaftlern erhärtet werden) nicht haltbar sei. Weiterhin stellte Paul Gauselmann dar, dass die Branche heute nicht steuerfrei sei. Vielmehr zahlen die Unternehmen der Unterhaltungsautomatenwirtschaft über 1 Mrd. Euro Steuern und Abgaben. Aus Sicht der Unterhaltungsautomatenwirtschaft sei der Entwurf des Spieleinsatzsteuergesetzes auch ein Versuch von Länderfinanzministern, „lästige Konkurrenz“ für die Spielbanken klein zu halten. Der VDAI-Vorsitzende appellierte nachdrücklich an die anwesenden Bundestagsabgeordneten, rasch eine dauerhafte, verfassungs- und europarechtskonforme Lösung für die Umsatzbesteuerung von Geld-Gewinn-Spiel-Geräten zu finden, damit die wirtschaftliche Unsicherheit für eine ganze Branche endlich ein Ende hat.