Bundesfinanzhof zur Umsatzsteuer: Bestandskraft bleibt
In dem Musterverfahren eines Automatenunternehmers gegen bestandskräftige Umsatzsteuerbescheide (Az.: VR 67/05) hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Klage abgewiesen. Die Bestandskraft bleibt somit erhalten. Einen Antrag auf Vorlage beim Europäischen Gerichtshof hat der BFH abgelehnt.
Der Bundesverband Automatenunternehmer (BA) hat die wesentlichen Inhalte der Entscheidung in einem Schreiben an seine Mitgliedsverbände dargelegt. Darin heißt es:
Der BFH ist der Argumentation des klagenden Automatenunternehmers nicht gefolgt. Aus dem europarechtlichen Grundsatz der Effektivität des Gemeinschaftsrechts ergebe sich keine Ablaufhemmung der gesetzlichen Einspruchsfrist von einem Monat, so dass die Klage verfristet gewesen sei. Auch die sogenannte Emmott’sche Fristenhemmung (…) stehe im vorliegenden Verfahren einer Verfristung der Klage nicht entgegen. Der Fall Emmott sei besonders gelagert gewesen, weil die Behörden sich treuwidrig auf die Klageverfristung berufen hätten, obwohl sie vorher die Klägerin Emmott von der Einlegung von Rechtsmitteln abgehalten hätten.
Eine Überprüfung von bestandskräftigen behördlichen Entscheidungen nach Ablauf der Klagefrist am Maßstab des EU-Rechts verpflichte die Behörde ferner nur dann zur Rücknahme EU-rechtswidriger Entscheidungen, wenn das nationale Recht hierfür eine Befugnisnorm vorsehe. Dies sei im deutschen Steuerrecht jedoch nicht der Fall. Nach dem jetzigen Stand des Gemeinschaftsrechts dürften sich nach Ansicht des BFH die Mitgliedstaaten daher einer Rücknahme EU-rechtswidriger Verwaltungsentscheidungen entziehen, indem sie ihr steuerliches Verfahrensrecht – wie die §§ 172 ff. AO – so ausgestalten, dass eine Aufhebung formell bestandkräftiger, rechtswidriger Entscheidungen zu Gunsten des Bürgers ausgeschlossen ist.
Diese Rechtsauffassung des BFH wollte der Automatenunternehmer durch den EuGH überprüfen lassen. Einen entsprechenden Antrag hat der BFH jedoch abgelehnt.
Dies ist nach Darlegung des Bundesverbandes umso bedauerlicher, weil durch die Ausführungen des BFH nur solche Korrekturen ausgeschlossen werden, die zu Gunsten des Bürgers wirken würden. Dagegen müssten zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts Korrekturen zu Lasten des Bürgers von den Behörden selbst dann vorgenommen werden, wenn eine Befugnisnorm hierfür fehle. Auf diesen von dem Automatenunternehmer gerügten Widerspruch sei der BFH nicht eingegangen.
Laut BA gibt es gute Gründe dafür, gegen die Nichtvorlage beim EuGH Verfassungsbeschwerde einzulegen. Beschwerdebefugt seien jedoch nur die klagende Partei des Musterverfahrens sowie die Parteien der Parallelverfahren (Az.: VR 51/05 und VR 28/05), deren Klagen ebenfalls zurückgewiesen wurden.