Gesetzesänderungen auf Zeit
Ein Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (BT-Drs. 19/18110) wurde von Bundestag und Bundesrat im Eiltempo angenommen. Was das bedeutet erläutert Prof. Dr. Florian Heinze, Justiziar des niedersächsischen und des nordwestdeutschen Automatenverbandes.
Im Bereich des Zivilrechts sollen befristet bis zum 30.6.2020 besondere Regelungen eingeführt werden, die Schuldnern, die wegen der Covid-19-Pandemie ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen können, die Möglichkeit einräumen, die Leistung einstweilen zu verweigern oder einzustellen, ohne dass dies für sie nachteilige rechtliche Folgen hat. Für Verbraucher und Kleinstunternehmen soll so gewährleistet werden, dass sie insbesondere von Leistungen der Grundversorgung wie Strom, Gas und Telekommunikation nicht abgeschnitten werden. Das Leistungsverweigerungsrecht besteht für alle Dauerschuldverhältnisse, die vor dem 8. März 2020 abgeschlossen worden sind.
Kleinstunternehmen
Ein Kleinstunternehmens ist laut Definition der EU-Kommission ein Unternehmen, das maximal neun Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz zwei Millionen Euro nicht überschreitet.
Mietzahlungen
Für Miet- und Pachtverhältnisse über Grundstücke oder über Räume soll das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen eingeschränkt werden. Konkret: Der Vermieter kann ein Mietverhältnis nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.
Der Anwendungsbereich dieser Regelung erstreckt sich auch auf gewerbliche Mietverhältnisse. Die grundsätzliche Verpflichtung des Mieters zur Zahlung der Miete bleibt uneingeschränkt bestehen. Er muss die Miete also nachzahlen und sollte sich – sofern Mietzahlungen eingestellt werden – mit seinem Vermieter über die Nachzahlungsmodalitäten verständigen.
Gütlich einigen
Mit Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung für das anstehende Quartal können Mieter die Mietzahlung auch ohne eine Einigung mit dem Vermieter einstellen, sofern Sie wirtschaftlich nicht zur Mietzahlung in der Lage sind (aber: auch nur dann!). Allerdings sollte dies nur der „letzt Ausweg“ sein. Eine gütliche Einigung ist in jedem Fall zu bevozugen.
Achtung: Soweit das Gesetz die Kündigung eines Mietverhältnisses ohne Gründe zulässt – etwa im Fall unbefristeter Mietverhältnisse über Grundstücke und über Räume, die keine Wohnräume sind (§ 580a Absätze 1 und 2 BGB) –, bleibt diese Kündigungsmöglichkeit von der gesetzlichen Neuregelung unberührt. Änderungen im
Insolvenzrecht
Im Bereich des Insolvenzrechts sollen die Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote bis zum 30. September 2020 ausgesetzt werden, es sei denn die Insolvenz beruht nicht auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und es besteht keine Aussicht auf die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit.
Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum wird auch das Recht der Gläubiger suspendiert, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen soll im Verordnungswege bis zum 31. März 2021 verlängert werden können.
Gesellschaftsrecht
Um die betroffenen Unternehmen verschiedener Rechtsformen in die Lage zu versetzen, auch bei weiterhin bestehenden Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten notwendige Beschlüsse zu fassen und handlungsfähig zu bleiben, werden vorübergehend Erleichterungen für die Durchführung von Gesellschafterversammlungen geschaffen. So können etwa bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung abweichend von § 48 Absatz 2 GmbHG Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden. Änderungen im
Strafverfahrensrecht
In das Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung wird ein auf ein Jahr befristeter zusätzliche Hemmungstatbestand für die Unterbrechungsfrist einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung eingefügt. Er soll den Gerichten erlauben, die Hauptverhandlung für maximal drei Monate und zehn Tage zu unterbrechen, wenn diese aufgrund von Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung der Covid-19-Pandemie nicht durchgeführt werden kann.