Viel Kritik am Hessischen Innenministerium
Nachdem das Hessische Innenministerium angekündigt hatte, welche 20 Kandidaten Mitte des Monats die Sportwettkonzessionen für Deutschland erhalten sollen, hagelt es, wie nicht anders zu erwarten, von vielen Seiten Kritik. Nicht nur die ausgebremsten Interessenten sind sauer, auch "Unverdächtige" äußern ihr Befremden.
So wundert sich der Autor des Internetportals "Reviersport.de" unter der Überschrift "Die lizensierte Intransparenz" unter anderem darüber, dass große und arrivierte Anbieter wie Tipico, Bet365 und Chandler aus England oder Interwetten aus Wien keine Konzession erhalten, aber bislang inaktive bis nahezu unbekannte Anbieter wie Ruleo Alpenland oder die Intermedia GmbH einen Zuschlag bekamen. Die begründenden Bewertungskriterien sind nichtöffentlich.
"Lizensierte Intransparenz"
"Reviersport.de" fragt, wie es möglich sein könne, dass Firmen wie Bet365 und Interwetten im Bewerbungsverfahren solche Fehler begingen, dass sie landläufig unbekannte Mini-Buchmacher nicht hinter sich lassen konnten, und wie der Staat die Begünstigten denn künftig vor Giganten wie Tipico oder Online-Angeboten schützen wolle? Dass halbstaatliche Anbieter wie Oddset oder Deutsche Sportwetten GmbH zum Zuge kommen würden, sei zu erwarten gewesen. Dass Cashpoint als Sportwettenableger des Glücksspiel-Imperiums Gauselmann das Ranking auf Rang eins anführe, "wirkt seltsam und riecht ein wenig nach Lobbyismus".
In Schleswig-Holstein forderten Hans-Jörn Arp (CDU) und Wolfgang Kubicki (FDP) die Bundesländer erneut auf, das schleswig-holsteinische Modell umzusetzen. Die Oppositionspolitiker im nördlichsten Bundesland verweisen auf ein "Eingeständnis des Hessischen Innenministeriums, wonach der Glücksspielstaatsvertrag das Ziel nicht befördert, das illegale Sportwettenspiel einzudämmen".
Modell Schleswig-Holstein
In der Antwort auf eine Kleine Anfrage im Hessischen Landtag (Drucksache 19/446) heißt es: „Die zahlenmäßige Begrenzung der Konzessionen hat sich als höchst kompliziert, streitanfällig und langwierig erwiesen. Vor allem hat es jedoch das Ziel nicht befördert, das illegale Sportwettenspiel einzudämmen, sondern im Gegenteil diesem Ziel geschadet. Durch das aufwendige, außerordentlich zeitintensive und juristisch vielfach angegriffene System der begrenzten Konzession wird zwischenzeitlich das Sportwettenspiel im illegalen Bereich immer umfangreicher, ohne dass hiergegen ernsthaft eingeschritten werden kann.“
Arp und Kubicki werben erneut für das Modell Schleswig-Holsteins ohne Begrenzung der Lizenzen: „Unser Weg ist einfacher, von den ehrlichen Anbietern akzeptiert, bekämpft die Illegalen und die Geldwäsche und ist von der EU-Kommission geprüft worden. Er funktioniert, schützt die Spieler und sorgt für staatliche Einnahmen.“
"Überflüssiges Verfahren"
Rechtsanwalt Rolf Karpenstein schreibt im Online Portal "Isa-Guide" gar von einem "überflüssigen Konzessionsverfahren". Das Ministerium hätte sich das Konzessionsverfahren getrost sparen können, meint der Anwalt. Sportwetten zu festen Quoten seien nicht einmal erlaubnispflichtig. Daher bedürfe es auch keiner Konzession nach der Experimentierklausel. Der Erlaubnisvorbehalt gelte nur für Glücksspiele (§ 4 Abs. 1 GlüÄndStV), begründet Karpenstein. Dazu gehörten Sportwetten zu festen Quoten nicht. Die Definition in § 3 Abs. 1 GlüÄndStV, wonach Sportwetten Glücksspiel seien, sei verfassungswidrig. Das Bundesverwaltungsgericht habe dies jüngst bestätigt. Die Staatsvertragsgesetzgeber hätten keine Kompetenz, den Glücksspielbegriff abweichend von der Bundesnorm des § 284 StGB zu definieren (BVerwG, 8 C 21.12, Supermanager, Rn. 24).
"Schärfste Wettbewerber aussortiert"
Das Hessische Innenministerium habe sich nunmehr dem politischen Druck gebeugt und vorläufig diejenigen Wettanbieter aussondiert, die aus Sicht seiner Verwaltungshelfer und des Glücksspielkollegiums nicht als Wettbewerber des staatlichen Anbieters Ods GmbH taugen, meint Karpenstein. Wie in einem Land, das mit dem Wettmonopol jahrzehntelang illegitime Ziele verfolge, nicht anders zu erwarten, stehe der nicht erlaubnisfähige staatliche Anbieter Ods GmbH vorläufig auf einem Medaillenrang. Das durfte anders nicht sein, denn die Bundesländer strebten die Marktführerschaft in Deutschland an, wie Westlotto in einer Pressemeldung vom April 2012 unumwunden zugebe. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, durften die attraktivsten Wettbewerber der Ods nicht unter die ersten 20 gelangen.